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Lehren aus den Opfergaben der Nessi’im (Fürsten) - Rav Frand zu Paraschat Nasso 5780

Übersetzt und ergänzt von S. Weinmann

Lehren aus den Opfergaben der Nessi’im (Fürsten)

Paraschat Nasso ist der längste Wochenabschnitt in der Tora. Als ich ein kleiner Junge war und mein Bar-Mizwa Alter erreichte, notierte ich mir, wie viele Pessukim (Verse) jede Parascha enthielt. Ich hatte immer Sympathie für Jungen, deren Bar-Mizwa-Parascha der Wochenabschnitt Nasso war, immerhin 176 Verse, die erlernt werden mussten - keine leichte Aufgabe! Aber als ich etwas älter wurde, flaute meine Sympathie zu ihnen ab, weil ich bemerkte, dass ein wesentlicher Teil immer wieder wiederholt wird. Sechs Verse werden zwölfmal wiederholt.

In Paraschat Nasso beschreibt die Tora die Opfergaben der Nessi’im (Stammesfürsten) bei der Einweihung der Mischkan. Es gab zwölf Fürsten, jeweils einen von jedem Stamm. Jeder der Fürsten spendete im Grunde genau das Gleiche. Daher müssen Sie als Ba'al Koreh (Tora-Vorleser) nur eine Reihe von gewissen Opfergaben vorlesen lernen, und Sie beherrschen bereits fast die halbe Parascha.

Die Wahrheit ist, dass dies für uns ein grosses Problem darstellt. Wir, die die Lehren von Chasal (unsere Weisen) und den Stil der Tora kennen, wissen, dass wir manchmal aus nur einem einzigen scheinbar überflüssigen Buchstaben viele wichtige Grundsätze und Gesetze lernen. [Es gibt keine überflüssigen Buchstaben in der Tora!] Bei den Opfergaben der Fürsten verliert die Tora jedoch - scheinbar unnötig - fast siebzig Sätze, indem sie zwölfmal genau dasselbe wiederholt. Dies ist ein grosses Rätsel! Wäre es nicht in Ordnung gewesen zu sagen: Der Fürst Nachschon ben Aminadaw habe am ersten Tag der Einweihung dies und das dargebracht und genau das Gleiche auch die Fürsten der anderen elf Stämme in den anschliessenden elf Tagen?

Ein zweites Problem ist das Folgende: Wir finden im Midrasch Raba [Wajikra 8:3] einen interessanten Ausspruch zur Parascha dieser Woche: „Rabbi Jehuda sagt: Geliebt sind die Opfergaben der Fürsten wie das Lied, das das jüdische Volk am Jam Suf (roten Meer) gesungen hat.“ Der Midrasch lernt dies aus einer Art Gesera Schawa (Wörtervergleich): Beim Lied vom Meer heisst es „SEH Kejli we’anwehu“ (DAS ist mein G-tt und ich möchte ihn verherrlichen) [Schemot 15: 2] und bei den Opfergaben der Fürsten heißt es „SEH Korban Nachschon ben Aminadaw“ (DAS ist das Opfer von Nachschon, dem Sohn Aminadaws) [Bamidbar 7:17].

Der Midrasch verwendet diese Gesera Schawa für eine weitere Lehre: „Rabbi Nechemja sagt: Die Opfer der Fürsten sind ebenso geliebt wie die zwei Bundes-Tafeln (auf denen die 10 Gebote eingraviert waren), über die geschrieben steht: „mi’SEH umi'SEH hem ketuwim“ (Auf der einen Seite und auf anderen Seite waren sie beschrieben) [Schemot 32:15] und bei den Opfergaben der Fürsten heißt es „SEH Korban Nachschon ben Aminadaw“. 

Dies scheinen eher willkürliche Darstellungen zu sein. Was bedeuten diese zwei Lehren des Midrasch wirklich? Rabbiner Schlomo Breuer bietet eine schöne Interpretation dieser beiden Lehren des Midrasch und verwendet die Interpretation, um unsere einleitende Frage zu beantworten.

Die Tora wiederholt die Beschreibung der Opfergaben nicht zwölfmal, um uns zu lehren, dass jeder Fürst genau dasselbe brachte wie jeder andere Fürst. Im Gegenteil, die Tora sagt uns genau das Gegenteil - es waren zwölf verschiedene Opfergaben. Es waren zwölf verschiedene Spenden, weil es nicht wichtig ist, was eine Person gibt, sondern wie er sie gibt.

Man kann eine Person um 1000 Dollar für eine Jeschiwa bitten, und für diese Person sind die 1000 Dollar ein sehr wertvoller Betrag. Auf der anderen Seite kann man eine andere Person um die gleichen 1000 Dollar bitten, und für ihn ist diese Summe nur eine Kleinigkeit. Wir sehen, dass zwei Menschen, die genau den gleichen Betrag geben, in Wahrheit zwei verschiedene Arten des Gebens ausführen.

Das sagt uns die Tora. Die Tatsache, dass die Tora zwölf Mal wiederholen muss, was die Fürsten gegeben haben, bedeutet zwangsläufig, dass diese zwölf Gaben nicht die genau gleichen waren. Jeder Fürst hat seinem Geschenk seinen eigenen Stempel aufgedrückt, was es einzigartig und besonders machte.

Der Midrasch sagt, dass wir dieses Konzept aus dem Lied beim Meer entnehmen können. Was geschah mit dem Lied vom Meer? Es gab 600’000 Menschen, von denen jeder G-tt lobte. Was sollten diese Leute eigentlich sagen? "SEH Kel schelanu - Dies ist UNSER (gemeinsame) G-tt". Wie können 600’000 Menschen "SEH Kejli sagen - Dies ist MEIN (persönlicher) G-tt"?

Das ist genau der Punkt. Sechshunderttausend Menschen am Roten Meer sahen dasselbe, aber jeder erlebte es anders - in solch einem Masse, dass sie später sagen konnten: „Dies ist MEIN (persönlicher) G-tt“.

Hier zieht der Midrasch den Vergleich zwischen dem SEH Korban Nachschon (DAS ist das Opfer von Nachschon) und dem SEH Kejli we'anwehu (DAS ist mein G-tt und ich möchte ihn verherrlichen). Genau wie es dort am Roten Meer eine einzigartige Erfahrung war, auch hier war jeder Opfergabe anders.

Jetzt kommen wir zur zweiten Lehre:

Der Midrasch fährt fort und sagt, dass die Gaben der Fürsten wie die zwei Bundes-Tafeln waren, über die geschrieben steht: „mi’SEH umi'SEH hem ketuwim“. Rabbiner Schlomo Breuer klärt uns auf, was Chasal (unsere Weisen) aus dem Ausdruck "mi’SEH umi'SEH hem ketuwim" lernen. Die Gemara (Talmud) Traktat Schabbat [104a] lehrt (nach Auslegung von Rabbejnu Bachje und Rabb. Samson Rafael Hirsch), dass die Gebote mit einer wundersamen Schrift auf die Tafeln eingraviert wurden. Es war nicht so, wie wir uns vorstellen würden, dass sie auf einer Seite geschrieben waren und auf der Rückseite in Spiegelschrift gesehen wurden; vielmehr konnte man die Schrift von beiden Seiten genauso lesen - obwohl die Schrift durch den Stein drang. Es gab keine "Rückseite" der Tafeln. Beide Seiten waren auf wundersame Weise genau gleich lesbar.

Darin liegt eine enorme Symbolik. Damit lehren uns unsere Weisen etwas Wegweisendes über die Tora. Alle Erzeugnisse auf der Welt, auch die sehr positiven, haben eine „Kehrseite“. Es ist immer auch die negative Seite zu berücksichtigen. Die Tora hat jedoch keine Rückseite. „Ejn Tov ela Tora - es gibt kein Gutes ausser der Tora“, sagen uns unsere Weisen. Die Tora ist eine Ware, die absolut gut ist, keine Kehrseiten, keine Nachteile.

Dies möchten Chasal uns vermitteln, indem wir die Bundes-Tafeln mit den Gaben der Fürsten verbinden. Es gibt etwas „Gutes“ auf der Welt, von dem jeder sagt, dass es gut sei, aber wir alle kennen seine Nachteile. Das ist Reichtum. Reichtum ist wunderbar, man kann mit Reichtum sehr viel erreichen. Wir alle wissen jedoch, dass Reichtum seine Kehrseite hat.

Der Vers sagt uns: „Mit Schmerz (be’Ezew) wirst du gebären“ [Bereschit 3:16] - der Fluch der Geburtswehen für Frauen. Aber es gibt noch etwas Schlimmeres - den Fluch, den G-tt der gesamten Menschheit gab - „be’Izawon tochalena - Mit Schmerz wirst du von ihr (von der Erde) essen“ [Bereschit 3:17] - dies ist der Fluch, den Lebensunterhalt verdienen zu müssen (Parnassa).

Eine Frau gebärt ein Baby, dann hören die Wehen auf; aber der Schmerz von Parnassa hört nie auf! Du verdienst Geld, du brauchst aber mehr Geld. Wer 100 Dollar hat, wünscht sich 200 Dollar. Du machst deine erste Million, dann willst du deine zweite Million machen. "Niemand stirbt, auch dass ihm nur die Hälfte seiner Wünsche erfüllt wurden". Er verdient seine zweite Million, dann möchte er 10 Millionen verdienen. Er hat bereits 10 Millionen, dann sitzt er und macht sich Sorgen, ob der Prime (Zinssatz) um ein halbes Prozent steigen oder fallen wird. Für mich ist es nicht so wichtig, ob der Prime um ein halbes Prozent steigt oder fällt. Aber wenn man 10 Millionen Dollar hat, macht ein Viertelpunkt den Unterschied der Welt aus. Dies ist, was der Vers betont: "Mit Schmerz wirst du von ihr essen". Dies ist nicht wie die Wehen, die kommen und dann wieder aufhören. Der Schmerz von Parnassa geht weiter und weiter.

Es gibt jedoch eine Art von Reichtum, die keine Kehrseite hat. Was für ein Reichtum ist das? "Birkat Haschem hi ta’aschir… - Der Segen, den G-tt gibt, er bringt den Reichtum…" [Mischlej/Sprüche 10:22]. Der wahre Wohlstand kommt durch G-ttes Segen. Der Vers schliesst mit „…we'lo jossif Ezew imah“. Das bedeutet, dass Er solch einen Reichtum gibt, der nicht an den Fluch des "Izawon" (Schmerz) gebunden ist. Das ist der Segen G-ttes. Wenn eine Person ihren Reichtum als direkt von G-tt stammend wahrnimmt und die Person daher erkennt, dass sie diesen Reichtum für G-tt verwenden muss, dies ist ein Segen von G-tt, der ihn wirklich reich macht.

Wo sehen wir solchen Reichtum, der keine Kehrseite hat? Wir sehen diesen Reichtum im Abschnitt der Fürsten. Fürsten, die mit Reichtum gesegnet sind, sich aber umdrehen und ihn dem Dienst         G-ttes, dem Mischkan, spenden, besitzen wirklich einen Reichtum ohne Kehrseite. Dies ist die Verbindung des Midrasch zwischen den Gaben der Fürsten und den Bundes-Tafeln - durch und durch dasselbe, völlig positiv, ohne Kehrseite.

Glossar

1. Nessi’im – Fürsten / Stammesfürsten
2. Mischkan – Stiftzelt/Tabernakel
3. Ba'al Koreh - Öffentlicher Tora-Vorleser
4. Chasa”l - Abkürzung für "Chachmejnu Sichronom Liwracha – unsere Weisen seligen Andenkens"
5. Gesera Schawa - eine der „13 Regeln, nach denen die Tora erklärt wird“, basierend auf der Verwendung gemeinsamer Wörter in verschiedenen Kontexten.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • 1. Midrasch Rabba (der grosse Midrasch): Grosse Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch der Tana’im (Mischnagelehrten) und Amora’im (Talmudgelehrten).
  • 2. Rabbiner Schlomo Breuer (1850-1926); Papa, Ungarn und Frankfurt, Deutschland. Schwiegersohn von Rabbiner Samson Raphael Hirsch.

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Die Bearbeitung des Beitrages dieser Woche erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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