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Nationale Tragödie verdrängt persönlichen Verlust - (Raw Frand, Schoftim 5780)

Nationale Tragödie verdrängt persönlichen Verlust

Der Wochenabschnitt Schoftim (Richter) beinhaltet eine Wiederholung der Gebote bezüglich der "Städte der Zuflucht" (Arej Miklat).  Wenn jemand einen Menschen unabsichtlich (be'Schogeg) tötet, hat der nächste Verwandte bzw. Angehörige des Opfers das Recht, Vergeltung zu nehmen und diesen "unabsichtlichen Mörder" umzubringen - sofern dieser nicht in die Stadt der Zuflucht (Ir Miklat) flieht, wo es dem "Bluträcher" (Go’el Ha'Dam) verboten ist, ihn zu belangen. Der unabsichtliche Mörder muss bis zum Tode des Hohepriesters (Kohen Gadol) in dieser "Zufluchtsstadt" bleiben [Bamidbar 35:28]. Sobald der Hohepriester stirbt, steht es dem unabsichtlichen Mörder frei, die Zufluchtsstadt zu verlassen - und der Bluträcher darf ihn nicht mehr anrühren.

Der Rambam (Maimonides) diskutiert diese Gesetze in seinem Buch Moreh Newuchim (Führer der Unschlüssigen). Nach seiner Auffassung ist es verständlich, dass wenn der Hohepriester noch fünfzig oder sechzig Jahre nach diesem Vorfall weiterlebt, der Bluträcher genügend Zeit gehabt hat, sich "abzukühlen" und nicht mehr so aufgebracht sein wird, wenn er die Person frei herumlaufen sieht, die für die Tötung seines Bruders (bspw.) verantwortlich ist. Doch der Rambam fragt, was passiert, wenn der Hohepriester nur eine Woche oder einen Monat nach dem Tod des Bruders dieses Bluträchers verstirbt. Wie und warum sollte der Tod des Hohepriesters die verständliche Wut des Goel Ha'Dam beeinflussen? Wir haben ein Prinzip, dass ein Toter in den ersten zwölf Monaten nach seinem Ableben nicht vergessen wird - zumal wir in dieser Zeit auch täglich das Kaddisch der Waisen (Heiligungsgebet, das von den Waisen zugunsten des Toten gesprochen wird) sagen. Daher sollte doch vielleicht über den unabsichtlichen Mörder eine Minimalstrafe von ZWÖLF MONATEN Aufenthalt in der Zufluchtsstadt verhängt werden!

Der Rambam erklärt, dass der Hohepriester die meist geehrte und geliebte Person des ganzen Volkes war. Sein Tod war eine nationale Tragödie auf höchster Ebene. Es ist die menschliche Natur, schreibt der Rambam, dass das Eintreten einer "grösseren" Tragödie die psychologische Auswirkung "kleinerer" Tragödien verdrängt. Zum Beispiel nehme man an, dass jemandem am 8. August das Getriebe seines Wagens kaputtgeht. Er wird verärgert sein. Es wird ihn eine Menge Geld kosten. Er ist wütend, usw. Wenn er am nächsten Tag in den Nachrichten von einer grossen Naturkatastrophe erfährt, die hunderte Tote und tausende Obdachlose gefordert hat, dann wird er im Hinblick auf seinen Getriebeschaden nicht mehr so gereizt sein. Nationale Tragödien rücken persönliche Probleme in ein anderes Licht!

Die nationale Tragödie des Verlustes einer der ehrwürdigsten und beliebtesten Söhne der Nation, wofür alle Menschen gleichsam in Trauer verfallen, wird die Tragödie des unbeabsichtigten Todes eines Angehörigen des Goel Ha'Dam in die richtige Perspektive rücken - sodass er fortan auch damit klarkommen wird, den unbeabsichtigten Mörder als freien Mann herumlaufen zu sehen. Die persönliche Tragödie wird unbedeutsam (batel) im Angesicht der nationalen Tragödie des jüdischen Volkes.

So sollte es sein. Wenn Klal Jisrael (die Allgemeinheit Israels) eine Tragödie erleidet, sollten unsere persönliche Probleme unbedeutend erscheinen. Wie viele von uns können wahrlich sagen, dass wir auf diese Weise auf Tragödien reagieren, die das jüdische Volk ereilen? Beklagen wir uns noch immer über unsere belanglosen Probleme, wenn wir über weitaus grössere Herausforderungen hören und lesen, die unsere jüdischen Mitmenschen in Erez Jisrael (im Lande Israel) oder anderswo auf die Probe stellen?

Dies ist die moralische Botschaft (Mussar Haskel) in diesem Abschnitt des Moreh Newuchim über die Gebote bezüglich der Zufluchtsstädte und der Rolle des Todes des Kohen Gadol bei der Freilassung des zum Exil in der Zufluchtsstadt verurteilten, unabsichtlichen Mörders. Wenn Klal Jisrael von einer nationalen Tragödie überschattet wird, sollten alle persönlichen Belange verblassen, angesichts unserer Sorgen über Angelegenheiten von nationaler Wichtigkeit.


Quellen und Persönlichkeiten:

Rambam, Rabbi Mosche ben Maimon (Maimonides) (1135 – 1204); einer der bedeutendsten Rischonim. Seine Hauptwerke sind „Mischne Tora-Jad Hachsaka“, Erklärung zur Mischna und „Moreh Newuchim“. Spanien, Aegypten, Israel.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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